14. Dezember 2009

Strände, Regenwald und ghanaische Nächte

Joggen im Sonnenaufgang

Morgens um vier Uhr bin ich aufgestanden um den Hof zu fegen und musste mich anstrengen etwas zu sehen, weil es noch so dunkel war. Beim Fegen muss besonders darauf geachtet werden, dass jegliche Spuren vom Vortag beseitigt werden und nach dem Fegen nur noch das Muster, das der Besen im Sand hinterlassen hat, zu sehen ist. Auch wenn ich am Ende von einer Stunde Fegen nur ein winziges Häufchen aus maximal drei Plastiktüten zusammen fegen kann. Am Anfang habe ich mich immer nach dem Sinn des allmorgendlichen Fegens gefragt, später wurde mir erklärt, dass damit die Fußabdrücke der Geister verwischt werden. Da das Tor jede Nacht verriegelt wird und noch alle geschlafen haben, musste ich an diesem Morgen über die Mauer klettern. Als ich bei Nana ankam, begann es gerade zu dämmern und weil es noch so früh war haben wir beschlossen zum Strand zu joggen. Die Straßen waren noch angenehm leer und nur an den Straßenrändern wurden die ersten Stände aufgebaut. Da die Sonne nicht schien war es schön kühl und es hat richtig Spaß gemacht über den roten Sand zu laufen. Unterwegs haben wir mehrere joggende Gruppen getroffen, die singend und klatschend durch die Straßen liefen. Nach einer Dreiviertelstunde sind wir kaputt aber glücklich am Strand angekommen und haben uns erstmal in den Sand fallen lassen. Im Sand liegend konnten wir den Sonnenaufgang bewundern, der einen golden glänzenden Strahl auf das Meer warf. Nach einer Abkühlung und einer Wasserschlacht im Meer, haben wir uns wieder auf den Rückweg gemacht, weil Nana zur Arbeit musste. Barfuß sind wir am Strand entlang geschlendert, bis wir wieder in der Stadt waren und zurück gejoggt sind. Zu hause angekommen, habe ich erstmal die kalte Dusche genossen und danach gemütlich auf der Terrasse gefrühstückt.

Ob man will oder nicht hat man sehr schnell zehn imaginäre Ehemänner und mindestens hundert Heiratsanträge. Ersteres liegt daran, dass es hier leider nicht so üblich ist, dass Jungen und Mädchen einfach nur befreundet sind. Aber keine Angst, ich bin noch nicht verheiratet! Andererseits, wenn es den Männern hier erlaubt ist mehr als nur eine Frau zu heiraten, warum sollten dann nicht auch die Frauen mehrere Männer haben? Mami wurde auch schon öfters für mein Kind gehalten, was ja schon allein wegen ihrer Hautfarbe sehr realistisch ist, aber hier scheint alles möglich zu sein. Sarah und ich werden immer wieder aufs Neue überrascht, obwohl Liebeserklärungen wie "Obruni, I love you ok!" schon zu unserem Alltag gehören.

                   Happy Family -  Sarah, Solomon und Nana

Gemütliche Abende

Ich liebe die ghanaischen Nächte! Seitdem wir Nana und Solomon kennen gelernt haben, sitzen wir fast jeden Abend auf einer Holzbank in ihrem Hof unter meinem Baum. Die Abende sind angenehm kühl und windig. Am schönsten ist es, wenn wir Stromausfall haben, dann ist es stockdunkel und der Himmel ist so schwarz, dass man tausend strahlende Sterne sehen kann. Es ist so entspannt und ruhig, wenn der Wind leise in den Blättern raschelt. Alles ist so unbeschwert und wie fast alles in Ghana ohne Hektik. Es ist schön einfach nur da zu sitzen, zu reden, singen, lachen oder Musik zu hören und den Sternenhimmel zu bewundern. Oder wir schlendern durch die dunklen Straßen, genießen die kühle Nachtluft und schlürfen Erdbeereis aus der Tüte. Überall stehen Kerzen an den Ständen, mit einem schönen, warmen Licht und in der Dunkelheit brennen kleine Feuer an denen gemütlich zusammengesessen und gekocht oder gegessen wird. Diese Nächte werde ich vermissen!  

Unangenehmer Luxus Vor kurzem habe ich festgestellt, dass ich nicht nur schon vier Monate in Ghana bin sondern mich auch schon so richtig an das Leben hier gewöhnt habe. Mir ist klar geworden wie relativ Luxus ist und dass einem Dinge die einem das ganze Leben lang so selbstverständlich vorgekommen sind, in einer anderen Umgebung so vollkommen seltsam und unpassend erscheinen können. An einem Samstagmorgen bin ich in Richtung Tema gefahren, um eine Freundin aus meiner Klasse zu besuchen. Als Anisha meinte, dass wir etwas zum Mittagsessen in einem Restaurant kaufen würden, dachte ich an eines der üblichen Stände am Straßenrand. Falsch gedacht! Es war ein kleines Fastfoodrestaurant direkt neben einer Tankstelle. Das Restaurant bestand aus einem einzigen Raum mit höchstens vier Tischen und trotzdem kam ich mir so richtig bonzig vor. Am Tisch neben uns saßen Geschäftsleute in ihren Anzügen und ich war froh als unsere Pommes mit Hähnchen fertig waren und wir das Restaurant verlassen konnten. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass mir dieses Restaurant ein paar Stunden später im Verhältnis klein erscheinen würde. Die Pommes waren auf jeden Fall lecker! Nachdem Essen saßen wir bei Anisha im Hof und haben ein traditionelles ghanaisches Brettspiel gespielt haben. Das Spiel besteht aus einem Holzbrett mit in zwei Reihen angeordneten Mulden. Nacheinander werden in einer Bestimmten Technik Bohnen in die Mulden verteilt. Typisch ghanaisch nimmt das Spiel ewig kein Ende und kann Stundenlang gespielt werden. Deswegen haben wir das Spiel irgendwann abgebrochen, weil Anisha mir unbedingt einen Laden zeigen wollte und mal wieder habe ich mir etwas ganz falsches vorgestellt. Der „Laden“ hat sich ein riesiges Einkaufszentrum entpuppt und schon auf dem Parkplatz waren so viele Obrunis, wie ich seit meiner Ankunft in Ghana nicht mehr gesehen habe. Das Einkaufszentrum war mindestens so groß wie die Königsbaupassage und hatte neben Kleider-, Schmuck-, Schuhläden, Restaurants auch zwei Supermärkte die mich sehr an Kaufland oder Aldi erinnert haben. Alles war einfach nur protzig und hat überhaupt nicht hierher gepasst und die Preise waren dreimal so teuer. Vor allem diese Art von Touristen kann ich nicht verstehen, die nach Ghana kommen und ihre ganze Zeit in einem Luxushotel am Pool verbringen um ja nichts von Land und Leuten mitzubekommen und ihre Kinder filmen, wie sie stolz auf ihrem motorisierten Autochen sitzen. Zu Hause zeigen sie dann diesen Film und meinen sie hätten so viel von Ghana kennengelernt. Ich habe mich noch nie so unwohl gefühlt und war richtig erleichtert als wir wieder draußen waren. Ich bevorzuge den Markt und die Stände und natürlich unsere Schulkantine. Cape Coast   Vor drei Wochen sind wir mit Nana und Solomon übers Wochenende nach Cape Coast gefahren, um Nanas Großmutter zu besuchen. Saltpond ist ein schönes, ruhiges Örtchen direkt am Meer, richtig verträumt und nicht so hektisch und laut wie Teshie. Ein Kilometer langer, weißer Sandstrand mit Palmen lädt zum Hängematteliegen ein. Weil Saltpond so abgelegen ist, waren keine Touristen zu sehen. Der Strand war vollkommen leer bis auf die Fischer, die ihre Netze einholten und kleine Nackedeie die in den Wellen planschten und den Obruni-Tanz aufführten, sobald sie mich und Sarah sahen (Obruni ist Weißer in Twi). Abends haben wir Kenkei an einem der vielen von Kerzen beleuchteten Stände gekauft und in dem gemütlichen Innenhof von dem Haus von Nanas Großmutter gegessen. Natürlich unterm Sternenhimmel! Bis spät in die Nacht lagen wir am Strand und haben dem Rauschen der Wellen gelauscht und die Sterne zwischen den Schatten der Palmen bewundert. Ab und zu konnte man eine Sternschnuppe vorbeihuschen sehen. Einfach nur daliegen und nichts machen, außer zu reden und zu singen. Später sind noch andere Freunde von Nana und Solomon gekommen und haben sich zu uns gesetzt. Nach einer kurzen Nacht auf einem harten Fußboden waren wir froh wieder an den Strand zu können. Nachdem wir uns zu den anderen Hausbewohnern gesellt hatten, die unter einer Palme standen um ihre Zähne zu putzen, sind wir auf den Markt gegangen um unser Frühstück einzukaufen. Ein leckeres Weißbrot mit Kakao und Orangen und Ananas zum Nachtisch! Nachdem essen sind wir ewig am Strand entlang gewandert, ohne dass irgendwann ein Ende in Sicht kam. Später kamen wir an eine Stelle, um die sich eine Gruppe gescharrt hatte um beim ausnehmen einer Meeresschildkröte zuzusehen. Um eines der schweren Fischernetze einzuholen werden mindesten zwanzig Leute benötigt die in einer Reihe und im Rhythmus eines bestimmten Liedes das Schwere Netz an Land ziehen. Immer wieder sieht man kleine Jungen, die in Windeseile die dünnen, glatten Stämme der hohen Palmen hinaufklettern, um die Kokosnüsse zu pflücken. Bis zum Nachmittag waren wir schwimmen oder haben im Schatten der Palmen im Sand geschlafen. Viel zu früh mussten wir uns wieder auf die lange Heimfahrt machen. Es ist mir wirklich schwer gefallen am Montag wieder in die Schule zu müssen, aber wir waren auf jeden Fall nicht zum letzten Mal in Saltpond.

Spaziergang im Sonnenuntergang!

Der Traumstrand aus der Werbung!

Füße baumeln lassen!

Eine Meeresschildkröte wird ausgenommen!

Der Markt - Geschäftiges Treiben am frühen Morgen!

Kakum Nationalpark Wir fahren nach Cape Coast zu einer der Sklavenburgen... oder auch nicht! Seit Wochen war dieser Ausflug von Bernice Kirche aus geplant und Sarah und ich wurden eingeladen mitzukommen. Am Samstagmorgen um halb sieben sollte es losgehen. Bis Bernice, Daniel und die Kinder startklar waren, war es schon fast halb sieben und als wir an der Kirche ankamen, war kein Mensch zu sehen. Wir wollten schon wieder nach Hause gehen, weil wir dachten die anderen wären ohne uns losgefahren, als doch noch jemand kam. Spänter hat sich herausgestellt das wir nicht die Letzten sondern die Ersten waren. Nacheinander kamen alle eingetrudelt und um acht konnten wir dann endlich losfahren. An das ghanaische Zeitgefühl habe ich mich so langsam schon gewöhnt und auch ich nehme die Pünktlichkeit nicht mehr ganz so genau, obwohl es manchmal echt nervig sein kann. Vor kurzem hatte Nana Geburtstag und wir haben beschlossen zum Strand zu gehen. Als wir zur verabredeten Zeitpunkt mit Geburtstagskuchen bei ihm zu Hause waren hieß es, er würde in fünf Minuten kommen. Als er nach vier Stunden immer noch nicht da war haben wir beschlossen nach Hause zu gehen. Abends hat er dann angerufen und gefragt ob wir vorbeikommen wollen, ohne Entschuldigung oder auch nur ein schlechtes Gewissen zu haben. Naja den Kuchen haben wir uns alleine schmecken lassen! Weil es sein Geburtstag war sind wir dann aber doch noch vorbeigegangen und konnten nicht mal böse auf ihn sein. Aber zurück zu unserem Ausflug. Auch die Fahrt hat sich ewig hingezogen, weil der Fahrer alle paar Minuten aussteigen musste um irgendetwas zu reparieren. Trotzdem war die Fahrt schön und wenn nicht gerade gesungen und geklatscht wurde, haben alle durcheinander geredet und wir waren eine richtig nette Truppe. Auf dem Weg wurde uns mitgeteilt, dass wir doch nicht die Sklavenburg besichtigen werden, sondern zum Kakum Nationalpark fahren. Schon vom Parkplatz aus konnte man den Regenwald sehen und mitten in einem Bambuswäldchen haben wir unser mitgebrachtes Essen genossen. Dann haben wir uns auf den Weg in den Regenwald gemacht, zu unserem Hauptausflugsziel dem Canopy Walkway. In vierzig Metern Höhe wurde ein mit Netzen gesicherter und an seilen aufgehängter Pfad aus Holzplanken eingerichtet. Die Hängebrücken sind in den Baumkronen der gigantischen, knorrigen Baumriesen aufgehängt und von dieser luftigen Höhe hat man einen genialen Ausblick über den wunderschönen, grünen Regenwald, der sich verschlungen und geheimnisvoll so weit das Auge reicht vor einem erstreckt. Von den vielen seltenen Tieren und Vögeln war leider nichts zu sehen aber schon der Ausblick auf den Regenwald alleine hat sich gelohnt. Viel zu schnell hatten wir wieder festen Boden unter den Füßen und weil wir erst so spät angekommen sind, mussten wir uns auch schon wieder auf den Heimweg machen. Auch wenn die ganze Aktion ein bisschen chaotisch war, hatten wir einen richtig schönen Tag.

Der Regenwald  - Grün, verschlungen und geheimnisvoll!

                 Der Pfad ins Nirgendwo!

                Picknick im Bambuswäldchen!

Gut getarnt ...

               ... im Dickicht der Baumwipfel ...

... zwischen Himmel und Erde!

Partukorpe Letzten Freitag sind wir wieder nach Partukorpe gefahren, diesmal zu zehnt, sodass wir uns ein eigenes Trotro mieten konnten und uns die ganze Umsteigerei erspart blieb. Wir haben also einen richtigen Familienausflug gemacht mit Rose, Antoniette, Sarah, Daniel, Maureen und den Kindern. Außerdem ist noch Ossibi mitgekommen, der Maurer der auch das Schule gebaut hat und wegen dem wir eigentlich nur nach Partukorpe gefahren sind. Im Januar werden die Arbeiten an dem Mehrzweckgebäude fortgesetzt und Ossibi wird das Projekt leiten und für diesen Zeitraum in Partukorpe leben. Ich hoffe dass auch ich dann die Chance haben werde für eine Zeit dort zu wohnen und mitzuhelfen, je nachdem wann ich Ferien bekomme. Es kann also endlich losgehen und ich werde euch auf jeden Fall auf dem Laufenden halten, was den Fortschritt des Projektes betrifft. Wieder wurde uns eine Schale mit Wasser gereicht, die in die verschiedenen Himmelsrichtungen auf den Boden geschüttet wurde. Danach saßen wir mit dem König und einigen Dorfbewohnern vor einer der Hütten auf einer Bank und es wurden Neuigkeiten in Ga ausgetauscht. Der König ist ein ruhiger, freundlich Mann den man in seinen Shorts und Bermudahemd und einem kleinen Mädchen auf dem Schoss nicht als König erkennen würde. Die Könige in Ada haben aber auch, so weit ich das mitbekommen habe, einen anderen Status. In der Stadt, in der Maureen aufs Internat geht ist der König gestorben und für alle Schüler wurden die Ferien verlängert, da es hier noch immer einige der alten Rituale praktiziert werden. So ist es in manchen Gebieten der Brauch, dass zwölf Menschen getötet werden müssen, wenn ein König gestorben ist um ihm ins Totenreich zu begleiten. Obwohl diese Bräuche verboten sind, weiß jeder Bescheid und alle reden darüber ohne auch nur den Versuch zu unternehmen etwas dagegen zu machen. Am meisten hat mich entsetzt, mit welcher Gleichgültigkeit darüber geredet wird. In der Umgebung von Partukorpe wird dieser Brauch glücklicherweise nicht praktiziert. In Partukorpe lebt eine uralte, liebe Frau die uns alle mit ihren zittrigen Armen umarmt hat, als wir das Dorf betreten haben. Nach der Aussage der Dorfbewohner ist sie 120 Jahre alt, wobei ich nicht so ganz von der Richtigkeit überzeugt bin. Ich habe noch nie so einen alten Menschen gesehen, doch obwohl sie nur noch aus Haut und Knochen besteht ist sie geistig ganz fit und kann auch noch alleine laufen und sie hat sich so gefreut uns zu sehen. Später waren wir noch kurz an dem wunderschönen Strand, den wir LaRitaBeach getauft haben, aber natürlich nicht offiziell. Nachdem wir noch mit frisch geernteten Kokosnüssen überhäuft wurden, haben wir uns wieder auf den langen Rückweg gemacht. La-Rita-Beach

   Die Zwiebeln gedeihen!

Eine neue Errungenschaft: Das Dorfkino!

Auf Wiedersehen!

                 Ghanas Next Topmodel!

Weihnachten! Was ist das denn? Heute ist schon der dritte Advent und obwohl ich jeden Abend mein Lichtchen im Adventskalender anzünde kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass schon in weniger als zwei Wochen Weihnachten ist. Eigentlich wollten wir uns einen Adventskranz aus Palmwedeln basteln, doch bis jetzt sind wir nicht dazugekommen. Ab und zu läuft sogar ein Weihnachtslied, während ich morgens den Hof fege und die letzten Tage war es bei 28 Grad richtig frisch morgens, sodass ich nahezu gefroren habe. Wenn ich nächstes Jahr im Herbst nach Deutschland komme, werde ich erfrieren. Gestern hatten wir einen winzigen Anflug von Weihnachtsstimmung. Weil wir den ganzen Abend Stromausfall hatten saßen wir gemütlich im Dunkel bei Kerzenschein in der Küche und haben Briefe geschrieben und Orangen mit Schokolade gegessen. In den Genuss der Schokolade sind wir gekommen, weil das Päckchen von Louisa und Sophia nach zwei Monaten endlich angekommen ist. Vielen Dank! Ich habe mich noch nie so über Schokolade gefreut.  

Über Weihnachten und Silvester werden wir mit Sammy, meinem Klassenkameraden, zu einem Dorf in der Nähe von Kumasi auf die Farm seiner Eltern fahren. Bis dahin müssen wir noch Plätzchen als Gastgeschenke backen und ganz vielleicht kommt dadurch ja ein bisschen Weihnachtsstimmung auf.

Eine wunderschöne Adventszeit und friert nicht zu sehr!

Interschools

Am Freitag hatten wir unser letztes Training und die letzte Besprechung vor den großen Spielen, auf die alle schon so lange hin gefiebert haben. Danach hat jedes Team Schultrikots bekommen und je nach Sportart Knieschützer, Schienbeinschoner, Stollenschuhe usw. Außerdem habe ich den Trainingsanzug der Schule bekommen, den wir alle trotzt Hitze vor und zwischen den Spielen anziehen mussten und auch an den normalen Schultagen tragen können falls es zu „kalt“ sein sollte. Wir konnten also gut ausgerüstet ins Wochenende starten. Am Montag konnte ich sogar bis um halb sechs schlafen, weil wir kein Training mehr hatten. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich irgendwann einmal darüber freuen würde so „lange“ schlafen zu dürfen. An dieser Stelle möchte ich euch meine täglichen Morgenrituale beschreiben. Normalerweise stehe ich um fünf Uhr auf und gehe nach draußen, um den Hof zu fegen. Für den Zeitraum des Trainings habe ich jedoch die Arbeit getauscht, weil ich sonst um vier hätte aufstehen müssen. Danach schöpfe ich Wasser zum Duschen. Obwohl man erst abends geduscht hat, ist man morgens so verschwitzt, dass das kalte Wasser richtig angenehm ist, obwohl man nur eine Stunde später wieder genauso verschwitzt ist. Es ist so warm, dass ich mir nicht vorstellen kann dass bald Weihnachten ist – und es wird immer heißer. In unserem Klassenzimmer ist es aber einigermaßen erträglich, weil wir keine Außenwand haben und ein kühler Wind vom Meer her weht. Unser Klassenzimmer ist überhaupt sehr baufällig und fällt halb auseinander, nicht nur das Gebäude sondern auch die Schulbänke. Vor kurzem ist nachts einer der „Dachbalken“ durchgebrochen und ein Teil des Wellblechdaches ist eingestürzt. Weil das Dach undicht ist, hat der Regen das Holz so aufgeweicht, dass es nur noch morsch ist. Jetzt haben wir also eine ungefähr drei Quadratmeter große Öffnung in der Decke, genau über meinem Platz. Aber wer hat schon das Privileg in seiner Klasse ein „Dachfenster“ zu haben, durch das man den blauen Himmel bewundern kann. Von den anderen wird es als „open top“ oder „airconditioner“ bezeichnet. Jetzt aber zurück zu meinem Morgenritual. Eigentlich muss ich jeden Morgen meine Schuluiform bügeln, deswegen habe ich mich am Montag richtig gefreut einfach nur in meine Sportsachen zu schlüpfen. Weil ich meistens spät dran bin, nehme ich mir nur Brot und einen Wasserbeutel aus der Küche und frühstücke auf dem Weg oder in der Schule. Auch wenn ich denke dass ich zu spät bin, ist Sammy, den ich jeden Morgen abhole, immer noch ein bisschen später dran und trotzdem waren wir noch nie zu spät in der Schule. An diesem Montag wären wir jedoch zu spät gekommen, wenn wir normalen Unterricht gehabt hätten. Auf der Hälfte unseres Weges wurden wir von einem Mann angehalten, der uns seine I.D.-Card unter die Nase hielt und erklärte, dass beim Immigration Office arbeite. Da er meine Schuluniform gesehen hatte, wollte er wissen ob ich hier zur Schule gehe und ob ich die richtige Aufenthaltserlaubnis dafür habe. Weil ich mein Pass nicht bei mir hatte, musste ich ihm meine Handynummer geben und sollte ihn nach der Schule anrufen. Wir haben ihn die nächsten drei Tage nicht mehr gesehen und als wir ihn dann wieder getroffen haben meinte er, dass er mit unsere Headmistress gesprochen und alles geregelt hätte.  Letztendlich waren wir gar nicht viel zu spät in der Schule, weil wir von einem der wenigen Müllautos mitgenommen wurden. In der Schule wurden alle Schüler mit Keksen und Kakao versorgt, bevor wir mit unserem Schulbus nach Accra gebracht wurden. Obwohl der Bus zweimal gefahren ist, war er viel zu klein für alle Spieler, doch das Gedränge und die Hitze konnte die gute Stimmung nicht dämpfen; ganz im Gegenteil. Wer noch nie mit einem ghanaischen Schulbus gefahren ist, kann sich nicht vorstellen wie so eine Fahrt abläuft. Es wird gesungen, geklatscht und getanzt. Die meisten Lieder bestehen aus einer Art Frage- und Antwortgesang, wobei einer etwas singt und alle anderen einstimmen. Das ganze findet in einer solchen Lautstärke statt, dass am Ende dieser drei Tage alle heiser waren. Wo sich bei uns die Busfahrer und Lehrer schon bei der geringsten Lautstärke gestört fühlen, singen die Lehrer hier einfach mit. Weil die ganzen Lieder auf einer der lokalen Sprachen war und ich mir die Texte nicht so schnell merken konnte wurde ich zum Klatschen verdonnert. Mal wieder hat ein klatschender Obruni für Überraschung und Freude gesorgt. Wir hatten Spaß! Das Stadion lag direkt neben dem Flughafen und jeden Nachmittag konnte ich eine Lufthansamaschine starten sehen und natürlich habe ich ihr immer ganz liebe Grüße für euch mitgegeben. Als wir ankamen waren schon ein paar Mannschaften in ihren Trainingsanzügen mit den Farben der jeweiligen Schule da. Insgesamt waren es zwölf Senior Secondary Schools aus Accra und Umgebung. Nachdem alle Mannschaften da waren und auch die anderen Schüler die Tribünen gefüllt hatten, wurde die Begrüßungsrede gehaltn Schule da, ich war jedoch der einzige spielende Obruni und ich war richtig froh, dass wir an dieen und die ersten Spiele angesagt. Es waren noch zwei andere weiße Mädchen aus einer anderesem Tag unsere beiden Spiele gewonnen haben. Damit hatten wir uns für die Finalrunde qualifiziert und mussten erst wieder am Mittwoch spielen. Jede Mannschaft wurde von ihrer Schule angefeuert und es war eine richtig gute Stimmung im Stadion. Jeden Nachmittag wurden wir mit warmem Essen versorgt und auch Wasser wurde allen Spielern kostenlos bereitgestellt. Am Mittwoch haben wir leider unser erstes Spiel verloren und sind somit Dritter geworden. Insgesamt hat unsere Schule richtig gut abgeschnitten und in jeder Disziplin waren wir unter den ersten Drei. Entsprechend wurde am Mittwochabend gefeiert und auf der Rückfahrt war es noch lauter und lustiger im Bus als die letzten Tage. Zum Abschluss haben sich alle Mannschaften auf dem Fußballplatz versammelt und hinter dem jeweiligen Schulbanner aufgestellt. Nach einer Abschlussrede wurden die Ergebnisse verkündet und die Mannschaftsführer mussten nach vorne gehen um die Urkunden in Empfang zu nehmen. Als unser Volleyballteam aufgerufen wurde, haben mich alle dazu gedrängt unsere Urkunde abzuholen und weil sogar unsere Headmistress mich hergewunken hat, konnte ich mich nicht weigern. Die drei Tage haben wirklich Spaß gemacht und das Training hat sich gelohnt, schade ist nur dass wir jetzt erstmal kein Volleyball mehr spielen.

19. November 2009

Neues aus der Schule

Hallo ihr Lieben, es ist allerhöchste Zeit mal wieder zu schreiben. Schon seit Wochen nehme ich es mir vor, aber ich bin einfach nie dazugekommen. Jetzt bin ich schon mehr als drei Monate in Ghana und ich habe mich so eingelebt, dass ich ab und zu ganz vergesse, dass ihr auf meine Berichte wartet. Die Schule hat sich richtig eingespielt und nimmt unter der Woche meine ganze Zeit in Anspruch und auch am Wochenende bin ich entweder unterwegs oder im Haus beschäftigt. Jedenfalls gibt es wieder mehr als genug zu berichten. Vor ungefähr zwei Monaten hatten wir unsere „Interhouses“ in der Schule, bei denen die vier Häuser in Volleyball, Fußball, Handball und Tischtennis gegeneinander angetreten sind. Drei Tage ist der ganze Unterricht ausgefallen und alle die nicht gespielt haben, standen an Rand um ihr jeweiliges Haus anzufeuern. Weil ein Tischtennisspieler ausgefallen ist, bin ich für das grüne Haus „Quei“ angetreten und siehe da, zur Überraschung von allen hat Obruni sogar Silber geholt. In der nächsten Woche wurden in der Schulkirche die Ergebnisse verkündet und die Spieler genannt, die für das Training ausgewählt worden waren. Obwohl ich Tischtennis gespielt habe, durfte ich noch zum Volleyball wechseln. Seitdem heißt es für mich jeden Morgen um halb fünf aufstehen und um sechs in der Schule sein, um drei Stunden zu trainieren. Jeden Tag fallen deswegen die ertsen zwei Stunden für uns Weg, was sehr angenehm ist, weil sich neuen Stunden Schule doch ziemlich hinziehen können. Meine erste Pause fällt dadurch aber auch immer weg, weil ich die ganzen Aufschriebe kopieren muss. Durch das Training sind wir auch vom allmorgendlichen Fegen und von den Assemblies befreit. Bevor wir mit dem Volleyballtraining beginnen findet erstmal das „General Warm-Up“ statt, was eher einem Krafttraining gleicht. Eine Stunde Joggen, Zirkeltraining, Dehnen, Liegestützen, Situps... Der sandige Boden erschwert das ganze nochmal, deswegen hatte ich die ersten Tage regelmäßig Muskelkater, aber auch das ging schnell vorbei. Außerdem ist es gut sich auspowern zu können, bevor man den Rest des Tages auf der unbequemen Schulbank sitzt. Das Volleyball spielen macht wirklich Spaß, vor allem weil ich eine tolle Mannschaft habe und dadurch auch viele Leute aus den anderen Klassen kennen gelernt habe. Traurig ist, dass die Lehrer sogar beim Training mit ihrem Stock am Spielfeldrand stehen und ihn auch benutzen, obwohl doch alle Spieler freiwillig da sind. Die Alternative zum Stock sind Runden laufen oder Liegestützen, was ich für deutlich sinnvoller halte, wenn schon Strafen sein müssen. Die letzten Tage war keiner der Lehrer da und ein Schüler hat das Training übernommen, was die Stimmung deutlich entspannt hat und trotzdem haben alle ernsthaft mitgemacht. Ich finde das zeigt, dass es auch ohne geht. Bevor wir alle wieder unsere wunderschöne Schuluniform anziehen und in unsere Klassen gehen, kommen alle zusammen um zu beten. Leider trainieren wir nur noch diese Woche, weil nächste Woche die „Interschools“ stattfinden , auf die alle Schulen seit Wochen hin trainieren. Nächste Woche werden wir von Montag bis Mittwoch jeden Tag zu einem Stadion in Accra fahren, wo die Spiele stattfinden werden. Für diese drei Tage fällt wieder der ganze Unterricht aus, damit alle Schüler ins Stadion kommen können um ihre Schulen zu unterstützen. Obruni wird auf jeden Fall wieder für Aufregung sorgen und ich hoffe dass ich mich nicht allzu blöd anstelle, weil ich ohne Zweifel unter ständiger Beobachtung stehen werde. Ich werde euch berichten und hoffe dass ich auch Bilder machen kann. Ansonsten geht die Schule gut voran und in einem Monat haben wir Weihnachtsferien, was auch allerhöchste Zeit wird, da wir seit den Sommerferien hatten wir bis auf ein verlängertes Wochenende durchgehend Schule. Der Unterricht ist ungefähr mit dem in Deutschland zu vergleichen, obwohl hauptsächlich Frontalunterricht stattfindet und Gruppenarbeit oder ähnliches so gut wie unbekannt ist, was bei einer Klasse mit 60 Schülern auch nicht verwunderlich ist. Es gibt aber wie immer Lehrer die eine Ausnahme darstellen und trotz der Größe der Klasse einen sehr guten und interessanten Unterricht machen. Meistens werden jedoch nur Texte diktiert und erklärt, die zu Hause gelernt werden müssen und in der nächsten Stunde entweder mündlich oder in einem Test abgefragt werden. Das ghanaische Englisch macht mir keine Probleme mehr, dafür verstehe ich in den Ga Stunden nicht wirklich viel, weil alle die Sprache schon sprechen und der Unterricht deshalb nur auf Ga ist, ohne englische Übersetzung oder Erklärung. Deswegen nutze ich die Zeit immer um alleine Ga zu lernen und es wird immer besser, obwohl die Sprache doch nicht so einfach ist, wie ich am Anfang gedacht habe. Meine Klasse ist echt toll und ich habe so viele nette Freunde gefunden, mit denen ich auch am Wochenende etwas unternehme. Das einzige was mich regelmäßig wütend macht, ist dieses „caning“, was deutlich schlimmer ist wie ich erst angenommen habe. In den ersten Tagen habe ich gedacht, dass es meistens nur bei der Androhung bleibt, was aber auf gar keinen Fall so ist. Ganz im Gegenteil, seit der Unterricht richtig angefangen hat kommt es mir so vor, als ob die Lehrer jede Gelegenheit nutzen, um ihren Rohrstock benutzen zu können, egal ob es wegen Zuspätkommen, Reden oder einer falschen Antwort auf eine Frage ist. Jedes Mal erde ich so wütend und würde dem Lehrer am liebsten den Stock aus der Hand reißen und in in der Mitte entzwei brechen, wenn es nur etwas bringen würde. Das einzige was ich machen kann, ist den Lehrer böse anzuschauen, was er wahrscheinlich nicht einmal mitbekommt. Am traurigsten macht mich die Reaktion der Klasse, die das alles so gleichgültig nimmt und jedes Mal lacht, wenn ein Schüler geschlagen wird. Wie soll sich den je etwas ändern, wenn sich nicht mal die Schüler dagegen wehren und den Lehrern dadurch auch nicht gezeigt wird, dass es nicht richtig ist. Aber wie kann es anders sein, wenn schon die kleinsten Kinder damit aufwachsen und nichts anderes gewöhnt sind. Es gibt natürlich auch Ausnahmen und richtig nette Lehrer, die nicht ständig zeigen müssen dass sie etwas besseres sind. Aber wenn man bedenkt, dass es auch bei uns nicht sehr lange her ist dass die Prügelstrafe abgeschafft wurde, bleibt noch Hoffnung dass auch in Ghana irgendwann ein Gesetz dagegen erlassen wird. Davor muss sich jedoch erst einmal die Einstellung in der Bevölkerung dazu ändern, da es so tief in den meisten Menschen verwurzelt ist und auch noch in vielen Familien üblich ist. Gestern kam unser „Social Studies“ in die Klasse und hat uns erstmal alle aus dem Klassenzimmer geschickt. Danach hat er jeden Schüler einzeln herein gerufen und eine Frage gestellt und dass in so einer arroganten und eingebildeten Art, die mich noch wütender gemacht hat. Diejenigen die sie richtig beantworten konnten durften sich hinsetzten, alle anderen mussten sich in die Ecke stellen. Großzügig wie er war, durften sie sich sogar aussuchen, ob sie ihm ihr Handfläche oder den Hintern hinhalten wollten. Danach meinte er dann, dass er uns nicht bestraft sondern nur geholfen hätte, was von der Klasse mit einem einstimmigen „Yes Sir!“ beantwortet wurde. Ironischerweise setzte er seinen Unterricht danach mit einer Erklärung zu den Menschenrechten fort. Trotz alledem gehe ich gerne in die Schule und ich weiß auch, dass ich mich nicht ein ganzes Jahr darüber aufregen kann. Ein richtiger Pluspunkt ist die Schulkantine, die richtig leckeres Essen macht. Sie besteht aus fünf Ständen an denen man Kenkey, Fufu, Banku, Waakje und Reis kaufen kann. Mein Lieblingessen ist Kenkey, ein säuerlich schmeckender Maisklos der in Maisblätter gewickelt wird und mit Pfeffer und getrocknetem oder geräuchertem Fisch gegessen wir und einfach nur köstlich scmeckt, auch wenn ich einige Zeit gebraucht habe um mich an den Geschmack zu gewöhnen. Für das komplette Essen zahle ich gerademal 30 Cent.

Ganz liebe Grüße aus dem heißen Ghana!

14. November 2009

The Bridge

THE BRIDGE – EARLY CHILDHOOD DEVELOPMENT CENTRE Das jüngste Projekt des Deutsch Ghanaischen Entwicklungshilfevereins ist THE BRIDGE, ein Kindergarten und eine Vorschule in dem Neubaugebiet von Teshie, nur wenige Minuten von unserem Haus entfernt. Durch die starke Landflucht, gibt es zu wenig öffentliche Schulen und Kindergarten oder zumindest keine die von allen bezahlt werden können. Das Ziel des Vereins ist es so vielen Kindern wie möglich, wenigsten eine Grundasubildung bis zu dem mit unseren Hauptschulen vergleichbaren Abschluss, zu ermöglichen. Nach langen Verzögerungen ist das Schulgebäude jetzt nahezu fertig. Durch den starken Regen mussten die Arbeiten für Wochen eingestellt werden und ein Teil des Gebäudes ist eingestürzt, was auch die erwarteten Baukosten in die Höhe getrieben hat. Jetzt hat die Schule seit ungefähr einem Monat angefangen und so langsam werden es immer mehr Kinder. Das einzige was zur Zeit noch fehlt, ist ein Stromanschluss und Wasserzugang. Um auf die Dauer Kosten zu sparen und damit die Schulgebühren so gering wie möglich zu halten, soll ein Brunnen mit Zugang zum Grundwasser gebohrt werden. Das größte Problem ist die Armut und dadurch die vielen Kinder, deren Eltern die eigentlich sehr geringen Schulgebühren nicht bezahlen können. Es macht einen traurig, morgens in seiner Schuluniform zur Schule zu gehen und all die kleinen Kinder zu sehen, die eigentlich auch auf dem Weg zur Schule sein sollten. Stattdessen verkaufen sie Orangen, Wasser oder kassieren das Fahrgeld in den Trotros, dabei sind viele von ihnen nicht mal zehn Jahre alt. Einem Teil von diesen Kindern soll in THE BRIDGE geholfen werden. Sie müssen zumindest am Anfang unterstützt werden, damit die Mütter entlastet werden und arbeiten gehen können, um irgendwann selber für die Schulgebühren aufzukommen. Am besten wäre es Paten zu finden, die diese Kinder bis zum Hauptschulabschluss oder idealerweise bis zur Senior Secondary School unterstützen können. Als Beispiel möchte ich von Shiba, einem Mädchen aus unserem Kindergarten, erzählen. Ihr Vater ist arbeitslos und trinkt regelmäßig und ihre Mutter muss von früh morgens bis spät in die Nacht arbeiten. Als Shiba ihre neue Schuluniform anziehen sollte, hat sie so gezittert, vielleicht aus Angst, sie bald wieder zurückgeben zu müssen. Sie musste schon mehrmals den Kindergarten wechseln und damit auch ihren gerade neu gewonnenen Freundeskreis. Sobald die Erzieher nach ein paar Wochen gemerkt haben, dass ihre Eltern das Schulgeld nicht bezahlen können, musste sie wieder gehen. Bis sie zum nächsten Kindergarten angemeldet wurde und dort solang bleiben konnte, bis festgestellt wurde, dass sie kein Geld für Shiba bekommen würden. Dieses hat jetzt zum Glück ein Ende für Shiba, da sie erstmal von Rose unterstützt wird, bis ein Pate für sie gefunden wurde oder bis ihre Mutter das Geld aufbringen kann. Am Anfang war Shiba so schüchtern und still, doch mit der Zeit ist sie richtig aufgetaut. Jetzt tollt sie mit den anderen Kindern herum und sie ist eine der fleißigsten Schüler. Doch Shiba ist kein Einzelfall und es kommen immer mehr Kinder, doch es macht einem Hoffnung, dass wenigstens ein paar Kindern eine bessere Zukunft durch eine Schulausbildung gegeben werden kann.

Das Schulgebäude

Shiba beim Tanzen

Der Sandkasten

Das gemeinsame Mittagessen

Die Schuluniform

Kleine Tanzeinlage

11. Oktober 2009

Partukorpe

Am letzten Dienstag war ich wieder nicht in der Schule. Schon früh morgens sind wir aufgebrochen um nach Partukorpe zu fahren, dem kleinen Fischerdorf in der Nähe von Ada, von dem die meisten von euch wahrscheinlich schon gehört haben. Nach mehreren Stunden im Trotro und einer anschließenden Taxifahrt, sind wir in Partukorpe angekommen. Auf dem Weg fährt man durch eine endlos weite, steppenähnliche Graslandschaft, die sich in Grün- und Gelbtönen zu beiden Seiten der Straße erstreckt. Zwischendrin stehen vereinzelt niedrige Bäume und immer wieder erheben sich rote Termitenhügel aus dem Boden. Alles ist ruhig und menschenleer und nur ab und zu sieht man die traditionellen Hütten eines kleinen Dorfes. Sobald man durch einen Ort fährt, wird es lauter, hektischer und voller. Verkäufer stürzen an das Auto, um ihre Waren anzupreisen und von jeder Ecke tönt Musik. Sobald man in die Nähe der Küste kommt, werden die niedrigen Bäume von majestätisch in den blauen Himmel regenden Palmen abgelöst. Die asphaltierten Straßen gehen in unbefestigte Straßen aus roter Erde über und die Schlaglöcher und Hubbel nehmen zu. Partukorpe ist einfach traumhaft und es würde einem nicht schwer fallen, bei dieser Idylle, die Armut der Menschen zu vergessen, die hier leben. Alles erscheint so friedlich und angenehm ruhig, was zum Teil daran liegt, dass es hier keinen Strom gibt. Ich habe soviel über Partukorpe geschrieben und erzählt, aber alles war mal wieder ganz anders, wie ich es mir vorgestellt habe. Partukorpe ist ein kleines, abgelegenes Dorf, direkt an der Küste. Die traditionellen, eckigen Lehmhütten mit ihren Dächern aus getrockneten Palmwedeln standen in Gruppen zusammen, die zum Teil von einem Zaun aus ebenfalls getrockneten Palmwedeln umschlossen. Sobald wir das Dorf betreten haben,wurden wir sofort herzlich willkommen geheißen und es wurden Stühle im freien aufgestellt. Nach der Tradition wird dem eine Schale mit Wasser gebracht, die von dem Gast dankend entgegen genommen und in verschiedene Richtungen auf die Erde geschüttet wird. Wir saßen im Schatten der Palmen, während vom Meer ein angenehm kühler Wind wehte. Die schöne, friedliche Stille wurde nur von dem Rauschen der brandenden Wellen durchbrochen. Das Dorf ist von sandigen Feldern umgeben, die von harter Arbeit unter glühenden Sonne zeugen. Der Hauptverdienst der Menschen hier, kommt jedoch von der Fischerei. Der Strand liegt nur ein paar hundert Meter entfernt. Ein langer, weißer, menschenleerer Sandstrand erstreckt sich so weit das Auge reicht. Die ganze Küste entlang stehen die riesigen Palmen, die in den blauen Himmel ragen. In anderen Worten: Der Strand ist einfach traumhaft und wie aus der Werbung. Richtig schwimmen konnte man allerdings nicht, da die hohen Wellen so eine Kraft hatten und so ein starker Sog entstand, dass man sich richtig dagegen stemmen musste. Am Strand lagen die traditionellen Holzboote, in deren Schatten die Fischer ihre Netze flickten. Wegen dem langen Rückweg hatten wir leider keine Zeit am Strand entlang zu wandern. Während wir mit ein paar Männern aus dem Dorf auf einer Bank saßen und auf ein Taxi gewartet haben, wurden uns frische Kokosnüsse angeboten. Wenn man die Kokosnüsse an der richtigen Stelle spaltet entsteht eine kreisrunde Öffnung, aus der man die köstliche kalte Flüssigkeit schlürfen kann und später das weiße Mark heraus kratzen kann. Sofort hatte sich eine Gruppe um uns versammelt, die den weißen beim Kokosnuss essen zuschauen wollten. Wenn hier jemand ein Handy oder Radio besitzt ist es sein ganzer Stolz, der allen zur Schau getragen wird. Außer ein paar Taxis sieht man hier so gut wie keine Autos, dafür aber umso mehr Motorräder, die bis zu vier Leute gleichzeitig transportieren. Es muss toll sein hier mit dem Motorrad über die langen roten Straßen fahren zu können, zu zelten und anhalten zu können wann immer wann will. Fast hätten wir die Möglichkeit gehabt ein Stück von einem Motorradfahrer mitgenommen zu werden. Auf dem Rückweg haben wir hunderte von Schulkindern am Straßenrand gesehen. Jeden Tag nehmen den stundenlangen Fußmarsch auf sich, um zur Schule gehen zu können. Wer hier ein Fahrrad besitzt hat ein wirkliches Privileg und jedes Fahrrad wurde mindestens von zwei Kindern benutzt.

An dieser Stelle darf ich nochmal allen Schülern und Sponsoren ganz herzlich von Rose danken, die unglaublich dankbar und überwältigt von dem Ergebnis des Spendenlaufes war und sich schon zum hundertsten Mal bedankt hat.

Die Bewohner von Partukorpe wussten noch nichts von dem Geld und ich habe auch nicht gefragt, weil ich nicht wusste ob sie es ihnen erst sagen wollen, wenn sie mit den Arbeiten weitermachen können. Ein anderes Projekt des Deutsch - Ghanaischen Entwicklungshilfevereins ist ein Kindergarten und eine Vorschule in dem Neubaugebiet von Teshie, in dem wir wohnen. Durch die Landflucht wächst dieses Neubaugebiet so schnell, dass die Leute mit dem Ausbau der Infrastruktur nicht nachkommen. Die Straßen sind schlecht, der Strom fällt immer wieder aus und seitdem ich hier bin gibt es nur manchmal fließen Wasser mitten in der Nacht. Außerdem gibt es zu wenig öffentliche Schulen und Krankenhäuser. Gerade wird ein großes, öffentliches Krankenhaus in Teshie gebaut, das von Chinesen finanziert wird. Der Kindergarten sollte eigentlich schon im September fertiggestellt werden. Wegen dem starken Regen wurde jedoch ein Teil wieder zerstört und die Arbeiten konnten nicht fortgesetzt werden. Jetzt ist das Gebäude fertig und es wird nur noch gestrichen und geputzt. Im letzten Monat hat der Kindergarten schon mit ein paar Kindern in unserem Haus begonnen und bald können sie in das richtige Gebäude umziehen. Dann werden es auch schnell mehr Kinder werden.

Weil Rose zur Zeit jeden Tag mit dem Kindergarten beschäftigt war, hatte sie keine Zeit für das Projekt in Partukorpe. Im April wird sie erneut nach Ghana kommen und dann werden wir uns intensiv um die Fertigstellung des Mehrzweckgebäudes in Partukorpe kümmern. Rose wird dann für einen Monat in Partukorpe leben, um die Arbeiten zu überwachen und sie hat mir angeboten mitzukommen. Ich hoffe dass ich wirklich die Möglichkeit bekommen werde dort für eine Zeit zu leben, um einen Eindruck von dem Leben der Menschen dort zu bekommen. Ich werde euch auf jeden Fall berichten und auf dem Laufenden halten.

Akosombo

Obwohl es jetzt schon wieder zwei Wochen her ist, möchte ich euch von unserem Ausflug zum Volta-Stausee erzählen. Da wir schon morgens losgefahren sind, hieß es für mich einen Tag schulfrei. Die langen Fahrt führte durch eine wunderschöne Landschaft, die immer wieder von flachen Graslandschaften zu dichten, grünen Palmwäldern wechselte. Das Hauptziel unseres Ausfluges war der Akosombo-Staudamm, den man nur mit einer Führung besichtigen kann. Der Akosombo-Staudamm staut den Volta zu dem größten künstlichen Stausee der Welt. Der See liegt eingebettet in die schönen Akwamu-Berge, deren grün bewaldete Ausläufer zum See hin abfallen und in der Ferne am hinteren Ende des Sees nur noch in einem nebligen Blau erscheinen. Der Volta-Stausee entstand durch den Bau des Akosombo-Staudammes, dem größten und teuersten Bauprojekt Ghanas, das nur mit der Unterstützung anderer Länder realisiert werden konnte. Vor der Überflutung des Landes mussten tausende Menschen ihre Orte verlassen und in neu errichtete Orte umsiedeln. Der Hauptzweck des Staudammes ist die Stromgewinnung, die 80% des Strombedarfs in Ghana abdeckt und zum Teil in die umliegenden Länder exportiert wird. Trotz der Größe des Staudamms ist es beeindruckend, dass er diesen gewaltigen Wassermassen standhalten kann. Der Staudamm dient aber auch als Hochwasserschutz und sobald der Wasserspiegel eine bestimmte Höhe übersteigt werden Schleusen geöffnet, die einen Teil des Wassers ableiten und den Staudamm vor dem Durchbrechen schützen. Seit dem Bau des Staudammes ist der Volta-See das ganze Jahr über schiffbar und der Fischreichtum hat zugenommen. Der Bau des Staudammes hat aber auch schlechte Nebenwirkungen mit sich gebracht: Es regnet weniger und zwei gefährliche Krankheiten, die Flussblindheit und die Wurmkrankheit Bilharziose haben sich schnell ausgebreitet. Der Staudamm hat sechs Generatoren, die je nach Bedarf alle oder nur zum Teil in Betrieb sind. Durch große Rohre stürzt das Wasser über hundert Meter in die Tiefe, bevor es hinter dem Staudamm wieder dem Volta zugeführt wird und dann bis zum Meer fließt.  Nach der Besichtigung des Staudammes hatten wir leider keine Möglichkeit weiter die Umgebung zu erkunden, da es nicht erlaubt ist sich ohne Begleitung in diesem Gebiet aufzuhalten. Deswegen sind wir auf einer anderen Straße weiter am Volta-See entlang gefahren. Am Ufer lagen zahlreiche kleine Dörfer aus den traditionellen Lehmhütten. Durch Ray haben wir die Möglichkeit bekommen den Frachthafen besichtigen zu können. Von hier legen täglich Frachtschiffe und Fähren ab, die Waren und Personen über den Volta transportieren. Es besteht die Möglichkeit für eine Woche auf einem Frachter den Volta hinauf und wieder herunter zu fahren. Vielleicht bekomme ich ja die Möglichkeit und Zeit dafür. In der Reederei lag gerade das Hospital-Ship zur Wartung. Es fährt die zahlreichen Dörfer am Ufer des Voltas ab um die kranken Menschen zu behandeln. Da die Dörfer so abgelegen sind, haben die Menschen dort keinen anderen Zugang zu einer ärztlichen Behandlung.  Nach der Besichtigung sind wir weiter am Volta entlanggefahren und wieder durch Ray haben wir die Chance bekommen in einem Dorf mit einem der Fischerboote hinaus zu fahren, wenn auch nicht zum Fischen. Es war großartig mal wieder in einem Kanu zu sitzen und zu paddeln, obwohl das Kanu in keiner Weise mit irgendeinem der Kanus zu vergleichen war, in denen ich je gesessen habe. Der Boden des Bootes war so löchrig, dass wir ständig damit beschäftigt waren das Wasser wieder heraus zu schöpfen. Das eine Weiße paddeln kann sorgte für Verwunderung und Amüsierung bei den Fischern. Überhaupt ist es sehr interessant, welche Vorstellungen manche Ghanaer von uns Weißen haben und ich bin froh dass ich sie wenigstens ab und zu von dem Gegenteil überzeugen kann. Obwohl es Mittags war waren alle Kinder im Dorf, da es wahrscheinlich keine erreichbare oder bezahlbare Schule für sie gibt. Die Menschen hier leben vom Fischfang und obwohl es hier viele Fische gibt, leben die die meisten in Armut und auch ihre Kinder werden wahrscheinlich ohne eine Schulausbildung keine anderen Zukunftschancen haben. Trotz all der Armut in der so viele Menschen leben, habe ich noch nie so fröhliche, offene und freundliche Menschen getroffen wie hier in Ghana.