19. November 2009

Neues aus der Schule

Hallo ihr Lieben, es ist allerhöchste Zeit mal wieder zu schreiben. Schon seit Wochen nehme ich es mir vor, aber ich bin einfach nie dazugekommen. Jetzt bin ich schon mehr als drei Monate in Ghana und ich habe mich so eingelebt, dass ich ab und zu ganz vergesse, dass ihr auf meine Berichte wartet. Die Schule hat sich richtig eingespielt und nimmt unter der Woche meine ganze Zeit in Anspruch und auch am Wochenende bin ich entweder unterwegs oder im Haus beschäftigt. Jedenfalls gibt es wieder mehr als genug zu berichten. Vor ungefähr zwei Monaten hatten wir unsere „Interhouses“ in der Schule, bei denen die vier Häuser in Volleyball, Fußball, Handball und Tischtennis gegeneinander angetreten sind. Drei Tage ist der ganze Unterricht ausgefallen und alle die nicht gespielt haben, standen an Rand um ihr jeweiliges Haus anzufeuern. Weil ein Tischtennisspieler ausgefallen ist, bin ich für das grüne Haus „Quei“ angetreten und siehe da, zur Überraschung von allen hat Obruni sogar Silber geholt. In der nächsten Woche wurden in der Schulkirche die Ergebnisse verkündet und die Spieler genannt, die für das Training ausgewählt worden waren. Obwohl ich Tischtennis gespielt habe, durfte ich noch zum Volleyball wechseln. Seitdem heißt es für mich jeden Morgen um halb fünf aufstehen und um sechs in der Schule sein, um drei Stunden zu trainieren. Jeden Tag fallen deswegen die ertsen zwei Stunden für uns Weg, was sehr angenehm ist, weil sich neuen Stunden Schule doch ziemlich hinziehen können. Meine erste Pause fällt dadurch aber auch immer weg, weil ich die ganzen Aufschriebe kopieren muss. Durch das Training sind wir auch vom allmorgendlichen Fegen und von den Assemblies befreit. Bevor wir mit dem Volleyballtraining beginnen findet erstmal das „General Warm-Up“ statt, was eher einem Krafttraining gleicht. Eine Stunde Joggen, Zirkeltraining, Dehnen, Liegestützen, Situps... Der sandige Boden erschwert das ganze nochmal, deswegen hatte ich die ersten Tage regelmäßig Muskelkater, aber auch das ging schnell vorbei. Außerdem ist es gut sich auspowern zu können, bevor man den Rest des Tages auf der unbequemen Schulbank sitzt. Das Volleyball spielen macht wirklich Spaß, vor allem weil ich eine tolle Mannschaft habe und dadurch auch viele Leute aus den anderen Klassen kennen gelernt habe. Traurig ist, dass die Lehrer sogar beim Training mit ihrem Stock am Spielfeldrand stehen und ihn auch benutzen, obwohl doch alle Spieler freiwillig da sind. Die Alternative zum Stock sind Runden laufen oder Liegestützen, was ich für deutlich sinnvoller halte, wenn schon Strafen sein müssen. Die letzten Tage war keiner der Lehrer da und ein Schüler hat das Training übernommen, was die Stimmung deutlich entspannt hat und trotzdem haben alle ernsthaft mitgemacht. Ich finde das zeigt, dass es auch ohne geht. Bevor wir alle wieder unsere wunderschöne Schuluniform anziehen und in unsere Klassen gehen, kommen alle zusammen um zu beten. Leider trainieren wir nur noch diese Woche, weil nächste Woche die „Interschools“ stattfinden , auf die alle Schulen seit Wochen hin trainieren. Nächste Woche werden wir von Montag bis Mittwoch jeden Tag zu einem Stadion in Accra fahren, wo die Spiele stattfinden werden. Für diese drei Tage fällt wieder der ganze Unterricht aus, damit alle Schüler ins Stadion kommen können um ihre Schulen zu unterstützen. Obruni wird auf jeden Fall wieder für Aufregung sorgen und ich hoffe dass ich mich nicht allzu blöd anstelle, weil ich ohne Zweifel unter ständiger Beobachtung stehen werde. Ich werde euch berichten und hoffe dass ich auch Bilder machen kann. Ansonsten geht die Schule gut voran und in einem Monat haben wir Weihnachtsferien, was auch allerhöchste Zeit wird, da wir seit den Sommerferien hatten wir bis auf ein verlängertes Wochenende durchgehend Schule. Der Unterricht ist ungefähr mit dem in Deutschland zu vergleichen, obwohl hauptsächlich Frontalunterricht stattfindet und Gruppenarbeit oder ähnliches so gut wie unbekannt ist, was bei einer Klasse mit 60 Schülern auch nicht verwunderlich ist. Es gibt aber wie immer Lehrer die eine Ausnahme darstellen und trotz der Größe der Klasse einen sehr guten und interessanten Unterricht machen. Meistens werden jedoch nur Texte diktiert und erklärt, die zu Hause gelernt werden müssen und in der nächsten Stunde entweder mündlich oder in einem Test abgefragt werden. Das ghanaische Englisch macht mir keine Probleme mehr, dafür verstehe ich in den Ga Stunden nicht wirklich viel, weil alle die Sprache schon sprechen und der Unterricht deshalb nur auf Ga ist, ohne englische Übersetzung oder Erklärung. Deswegen nutze ich die Zeit immer um alleine Ga zu lernen und es wird immer besser, obwohl die Sprache doch nicht so einfach ist, wie ich am Anfang gedacht habe. Meine Klasse ist echt toll und ich habe so viele nette Freunde gefunden, mit denen ich auch am Wochenende etwas unternehme. Das einzige was mich regelmäßig wütend macht, ist dieses „caning“, was deutlich schlimmer ist wie ich erst angenommen habe. In den ersten Tagen habe ich gedacht, dass es meistens nur bei der Androhung bleibt, was aber auf gar keinen Fall so ist. Ganz im Gegenteil, seit der Unterricht richtig angefangen hat kommt es mir so vor, als ob die Lehrer jede Gelegenheit nutzen, um ihren Rohrstock benutzen zu können, egal ob es wegen Zuspätkommen, Reden oder einer falschen Antwort auf eine Frage ist. Jedes Mal erde ich so wütend und würde dem Lehrer am liebsten den Stock aus der Hand reißen und in in der Mitte entzwei brechen, wenn es nur etwas bringen würde. Das einzige was ich machen kann, ist den Lehrer böse anzuschauen, was er wahrscheinlich nicht einmal mitbekommt. Am traurigsten macht mich die Reaktion der Klasse, die das alles so gleichgültig nimmt und jedes Mal lacht, wenn ein Schüler geschlagen wird. Wie soll sich den je etwas ändern, wenn sich nicht mal die Schüler dagegen wehren und den Lehrern dadurch auch nicht gezeigt wird, dass es nicht richtig ist. Aber wie kann es anders sein, wenn schon die kleinsten Kinder damit aufwachsen und nichts anderes gewöhnt sind. Es gibt natürlich auch Ausnahmen und richtig nette Lehrer, die nicht ständig zeigen müssen dass sie etwas besseres sind. Aber wenn man bedenkt, dass es auch bei uns nicht sehr lange her ist dass die Prügelstrafe abgeschafft wurde, bleibt noch Hoffnung dass auch in Ghana irgendwann ein Gesetz dagegen erlassen wird. Davor muss sich jedoch erst einmal die Einstellung in der Bevölkerung dazu ändern, da es so tief in den meisten Menschen verwurzelt ist und auch noch in vielen Familien üblich ist. Gestern kam unser „Social Studies“ in die Klasse und hat uns erstmal alle aus dem Klassenzimmer geschickt. Danach hat er jeden Schüler einzeln herein gerufen und eine Frage gestellt und dass in so einer arroganten und eingebildeten Art, die mich noch wütender gemacht hat. Diejenigen die sie richtig beantworten konnten durften sich hinsetzten, alle anderen mussten sich in die Ecke stellen. Großzügig wie er war, durften sie sich sogar aussuchen, ob sie ihm ihr Handfläche oder den Hintern hinhalten wollten. Danach meinte er dann, dass er uns nicht bestraft sondern nur geholfen hätte, was von der Klasse mit einem einstimmigen „Yes Sir!“ beantwortet wurde. Ironischerweise setzte er seinen Unterricht danach mit einer Erklärung zu den Menschenrechten fort. Trotz alledem gehe ich gerne in die Schule und ich weiß auch, dass ich mich nicht ein ganzes Jahr darüber aufregen kann. Ein richtiger Pluspunkt ist die Schulkantine, die richtig leckeres Essen macht. Sie besteht aus fünf Ständen an denen man Kenkey, Fufu, Banku, Waakje und Reis kaufen kann. Mein Lieblingessen ist Kenkey, ein säuerlich schmeckender Maisklos der in Maisblätter gewickelt wird und mit Pfeffer und getrocknetem oder geräuchertem Fisch gegessen wir und einfach nur köstlich scmeckt, auch wenn ich einige Zeit gebraucht habe um mich an den Geschmack zu gewöhnen. Für das komplette Essen zahle ich gerademal 30 Cent.

Ganz liebe Grüße aus dem heißen Ghana!

14. November 2009

The Bridge

THE BRIDGE – EARLY CHILDHOOD DEVELOPMENT CENTRE Das jüngste Projekt des Deutsch Ghanaischen Entwicklungshilfevereins ist THE BRIDGE, ein Kindergarten und eine Vorschule in dem Neubaugebiet von Teshie, nur wenige Minuten von unserem Haus entfernt. Durch die starke Landflucht, gibt es zu wenig öffentliche Schulen und Kindergarten oder zumindest keine die von allen bezahlt werden können. Das Ziel des Vereins ist es so vielen Kindern wie möglich, wenigsten eine Grundasubildung bis zu dem mit unseren Hauptschulen vergleichbaren Abschluss, zu ermöglichen. Nach langen Verzögerungen ist das Schulgebäude jetzt nahezu fertig. Durch den starken Regen mussten die Arbeiten für Wochen eingestellt werden und ein Teil des Gebäudes ist eingestürzt, was auch die erwarteten Baukosten in die Höhe getrieben hat. Jetzt hat die Schule seit ungefähr einem Monat angefangen und so langsam werden es immer mehr Kinder. Das einzige was zur Zeit noch fehlt, ist ein Stromanschluss und Wasserzugang. Um auf die Dauer Kosten zu sparen und damit die Schulgebühren so gering wie möglich zu halten, soll ein Brunnen mit Zugang zum Grundwasser gebohrt werden. Das größte Problem ist die Armut und dadurch die vielen Kinder, deren Eltern die eigentlich sehr geringen Schulgebühren nicht bezahlen können. Es macht einen traurig, morgens in seiner Schuluniform zur Schule zu gehen und all die kleinen Kinder zu sehen, die eigentlich auch auf dem Weg zur Schule sein sollten. Stattdessen verkaufen sie Orangen, Wasser oder kassieren das Fahrgeld in den Trotros, dabei sind viele von ihnen nicht mal zehn Jahre alt. Einem Teil von diesen Kindern soll in THE BRIDGE geholfen werden. Sie müssen zumindest am Anfang unterstützt werden, damit die Mütter entlastet werden und arbeiten gehen können, um irgendwann selber für die Schulgebühren aufzukommen. Am besten wäre es Paten zu finden, die diese Kinder bis zum Hauptschulabschluss oder idealerweise bis zur Senior Secondary School unterstützen können. Als Beispiel möchte ich von Shiba, einem Mädchen aus unserem Kindergarten, erzählen. Ihr Vater ist arbeitslos und trinkt regelmäßig und ihre Mutter muss von früh morgens bis spät in die Nacht arbeiten. Als Shiba ihre neue Schuluniform anziehen sollte, hat sie so gezittert, vielleicht aus Angst, sie bald wieder zurückgeben zu müssen. Sie musste schon mehrmals den Kindergarten wechseln und damit auch ihren gerade neu gewonnenen Freundeskreis. Sobald die Erzieher nach ein paar Wochen gemerkt haben, dass ihre Eltern das Schulgeld nicht bezahlen können, musste sie wieder gehen. Bis sie zum nächsten Kindergarten angemeldet wurde und dort solang bleiben konnte, bis festgestellt wurde, dass sie kein Geld für Shiba bekommen würden. Dieses hat jetzt zum Glück ein Ende für Shiba, da sie erstmal von Rose unterstützt wird, bis ein Pate für sie gefunden wurde oder bis ihre Mutter das Geld aufbringen kann. Am Anfang war Shiba so schüchtern und still, doch mit der Zeit ist sie richtig aufgetaut. Jetzt tollt sie mit den anderen Kindern herum und sie ist eine der fleißigsten Schüler. Doch Shiba ist kein Einzelfall und es kommen immer mehr Kinder, doch es macht einem Hoffnung, dass wenigstens ein paar Kindern eine bessere Zukunft durch eine Schulausbildung gegeben werden kann.

Das Schulgebäude

Shiba beim Tanzen

Der Sandkasten

Das gemeinsame Mittagessen

Die Schuluniform

Kleine Tanzeinlage